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„Am Ende ist es immer das Fällige was uns
zufällt.“ – Max Frisch, Tagebuch 1946 – 1949
Es gibt ja keine Zufälle. Das behaupte
zumindest ich ja steif und fest seit… also irgendwie schon immer. Ich glaube
tatsächlich an das Prinzip, das nichts ohne Grund geschieht.
Aber das zu vertreten ist mir im Kontext mit
zum Beispiel schlechten Erfahrungen auch schon mal echt schwergefallen. So gibt
es doch einiges was ich in meinem Leben lieber nicht erlebt hätte. Und dann zu
sagen, dass die Erfahrung eventuell auch was Gutes für sich hatte, dass ich was
gelernt habe und gewachsen bin - so viel Zynismus können nur Menschen an den
Tag legen, die sich im Wunderland der toxischen Positivität befinden.
Ja Leute, sagt mal: hackt es? Muss man sich denn alles schönreden?
In meiner Welt nicht. Manchmal ist Scheiße auch einfach nur Scheiße.
Trotzdem sollten wir hier einmal beleuchten,
worum es eigentlich gehen könnte.
Es ist ja so, dass ein “Zufall” oder etwas was uns passiert, ja nicht immer positiv sein muss. Aber die Verknüpfungen, die wir so mit Zufällen haben sind eben meist positiv:
“Ja, Mensch, was ein Zufall, dass wir uns hier treffen. Wie schön.”
“Zufällig bin ich auf Buch XY gestoßen, das hat mich total nach vorne gebracht.”
„Und wie der Zufall so will…“
Und das sind nur drei willkürliche Beispiele.
Horcht doch mal interessehalber in Euch hinein, wenn ihr über Zufälle nachdenkt. Bemerkt? Abgefahren, oder?
Was auch noch etwas ist, was wir “Zufällen” verbinden ist, dass wir es nicht erwartet haben. Meist hängt ein Hauch von “Überraschung” im Raum, wenn wir das Wort Zufall benutzen. Es “fällt” uns “zu” und damit quasi vor unsere Füße.
Unerwartet.
Überraschend.
Aber entgegen der landläufigen Meinung kann das gut oder eben auch schlecht sein. Das wir es nicht erwartet haben liegt zumeist daran, dass wir den größeren Kontext nicht kennen. Oder auch gerne mal andersherum damit, dass wir denken ihn zu kennen. Egal wie: es läuft meist auf die gleiche Schlussfolgerung hinaus.
Worte die dann fallen sind: Schicksal, Vorsehung, Aufgabe... Das komplette Programm. Das ist übrigens der Teil, in dem ich mich gerne bewege… siehe oben. Daraus kann man jetzt eine Glaubensfrage machen - oder es eben auch lassen.
Was ich für mich inzwischen viel wichtiger
finde ist die Erkenntnis, dass die Fähigkeit die Dinge so zu nehmen wie sie in
dem Moment auftauchen, uns auch mehr im Moment mit diesen Dingen belässt. So
ist es in den meisten Fällen am besten gar nichts Großes draus zu machen.
Ist es nicht letztlich egal, ob es eine
Schicksalsbegegnung ist/war? Ist es wichtig, ob eine “Lektion” im Leben für uns
vorgesehen war? War es nicht einfach nur ein tolles oder blödes Erlebnis? Und
kommt es nicht über Spekulationen über Sinn und Zweck des Ganzen dazu, dass wir
nicht mehr einfach nur den schönen Moment genießen? Oder diesen vielleicht
übersehen? Oder im Gegenteil nicht anerkennen, wenn etwas wirklich schmerzhaft
war?
Manchmal fügen sich die Dinge einfach
zusammen, weil bestimmte Konstellationen das möglich gemacht haben. Die
Wahrscheinlichkeit, dass sich zum Beispiel Menschen begegnen steigt, wenn sie
sich zur gleichen Zeit in der gleichen Stadt befinden. Proportional höher, wenn
die Stadt ein Dorf ist… und so weiter.
Eine große Aufgabe oder den allumfassenden
Kontext für uns hinter Erlebtem zu sehen generiert am Ende des Tages egal in
welcher Variante Ablenkung vom Eigentlichen… Vom Wesentlichen…
Für mich ist das Wesentliche an dieser Stelle
einmal Genuss des Positiven und im Moment zu sein und den und alles was das mit
sich bringt für sich mit zu nehmen. Tolle Erinnerungen, ein warmes Gefühl und
auch die naive Freude, falls sich dieser Moment wiederholt.
Oder im Fall von etwas Negativem, den Kontakt
mit den eigenen Gefühlen und Bedürfnissen zu halten. Sich nicht einzureden,
dass das schon für irgendwas gut sein wird und den Punkt zu verpassen, wo man
sich durch ein Gefühl “hindurch fühlen” muss, damit es besser wird.
Ich habe mir zumindest vorgenommen, diese Erkenntnis für mich mehr zu integrieren und die Fähigkeit den Moment so zu nehmen wie er ist mehr zu kultivieren. In meinem Fall schafft das viel Seelenfrieden und Aufgeräumtheit. Nicht, dass ich das immer hinbekommen würde. Aber was macht das schon? Auch diesen Prozess kann ich dadurch besser annehmen und mache mir nicht mehr so viel ‘n Kopf. Und das genieße ich total.
Wie ist das bei Dir? Glaubst Du an Zufälle?
Oder bist Du eher pragmatisch? Vielleicht konntest Du ja mit meinem Text
(trotzdem) etwas anfangen und Du hast ganz eigene Erkenntnisse daraus gezogen.
Über deine Gedanken freue ich mich in jedem Fall. Schreib mir gerne über
Instagram @sea.of.yoga oder per Mail an gudrun(at)seaofyoga.com
Love xx
Gudrun
Foto von Gudrun Seyler (Donegal, Mai 2022)
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Coincidence...
...or by design?
"In the end, it is always what falls to us that is due." - Max Frisch, Diary 1946 - 1949
There are no coincidences. At least that is what I have been claiming since... well, somehow since always. I actually believe in the principle that nothing happens without a reason.
But I have had a really hard time upholding
that in the context of bad experiences, for example. There are a lot of things
I would rather not have experienced in my life. And then to say that the
experience might also have been good for me, that I learned something and grew
- only people who find themselves in the wonderland of toxic positivity can
display such cynicism.
Come on people, tell me: are you serious? Do you have to talk yourself into everything?
Not in my world. Sometimes shit is just shit.
Nevertheless, we should shed some light on what it might actually be about. It is true that a "coincidence" or something that happens to us does not always have to be positive. But the associations we have with coincidences are mostly positive:
"Yes, what a coincidence that we meet here. How nice."
"By chance I came across book XY, which has totally brought me forward."
"And as luck would have it ..."
And these are just three random examples.
For the sake of interest, listen to yourself when you think about coincidences. Notice? Weird, isn't it?
Another thing we associate with "coincidences" is that we didn't expect it. There is usually a hint of "surprise" hanging in the room when we use the word coincidence.
It "falls" to us and thus virtually at our feet.
Unexpected.
Surprising.
But contrary to popular belief, this can be good or bad. That we did not expect it is usually because we do not know the larger context. Or sometimes the other way around, because we think we know it. Either way, it usually comes to the same conclusion.
Words that then come up are: Fate, providence, task... The complete programme. That, by the way, is the part where I like to move my mind ... see above.
Now you can make a question of faith out of it - or leave it alone.
What I find much more important in the meantime is the realisation, that the ability to take things as they arise in the moment also leaves us more in the moment with these things. So in most cases it is best not to make a big deal out of it.
In the end, does it really matter whether it is/was an encounter of fate? Does it matter if there was a "lesson" in life for us? Wasn't it just a great or stupid experience? And doesn't speculation about the meaning and purpose of it all lead to us no longer simply enjoying the beautiful moment? Or perhaps overlook it? Or, on the contrary, not acknowledge when something was really painful?
Sometimes things simply fall into place
because certain constellations have made it possible. The possibility of people
meeting, for example, increases if they are in the same city at the same time.
Proportionally higher if the city is a village... and so on.
At the end of the day, seeing a big task or
the all-encompassing context for us behind what we experience generates
distraction from the actual... from the essential... in whatever variation.
For me, the essential thing at this point is
to enjoy the positive and to be in the moment and to take it and everything it
brings with it for oneself. Great memories, a warm feeling and also the naive
joy if this moment repeats itself.
Or in the case of something negative, to keep
in touch with your own feelings and needs. Not telling yourself that this will
already be good for something and missing the point where you have to
"feel through" a feeling to make it better.
I have at least resolved to integrate this
realisation more for myself and to cultivate more the ability to take the
moment as it is. In my case, this creates a lot of peace of mind and clearness.
Not that I can always manage that. But does it matter? It also makes it easier for me to accept this process and I do not worry so much about it. And I really enjoy that.
How is it with you? Do you believe in
coincidences? Or are you more pragmatic? Maybe you could do something with my
text (anyway) and you have drawn your own insights from it. In any case, I'm
happy to hear your thoughts. Feel free to write to me on Instagram @sea.of.yoga
or by email to gudrun(at)seaofyoga.com.
Love xx
Gudrun
Photo by Gudrun Seyler (Donegal, May 2022)